Dokument-Nr. 12424
Pacelli, Eugenio an Gördes, Hugo
München, 12. Februar 1922
sehr geschätztes Schreiben vom 2. ds. nebst "Aufruf an die Katholiken Deutschlands" zugunsten des hungernden Russland habe ich richtig erhalten.
Gern und in voller Erkenntnis der schrecklichen Lage des russischen Volkes schliesse ich mich den Hochwürdigsten Herren Kardinälen Bertram und Schulte an und bitte und beschwöre meinerseits die deutschen Katholiken, von der eigenen Not den Blick über die nahe Ostgrenze zu lenken auf das dortige viel grössere Elend, das ein Millionenvolk zu vernichten droht. Wer irgend kann, möge das Seinige beisteuern in der Liebe Christi für die dem Tode und der Verzweiflung nahen Mitmenschen im unglücklichen Russland. Der verewigte Heilige Vater, Papst Benedikt XV., hat mit leidvollen Herzens den Notschrei von Osten her vernommen und die allzeit mildtätige Hand weit aufgetan, um den Hungernden beizustehen. Ich zweifle nicht daran, dass auch das deutsche Volk, vorab die deutschen Katholiken, diesem erhabenen Beispiel nach Kräften folgen wird. Gesegnet sei jede
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Gabe für die Ärmsten!Ich gehe der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, dass die Aktion zur Hilfe in höchster Not in den breiten Massen des katholischen Volkes eine günstige Aufnahme finden wird. Ich finde sie zudem sehr geeignet, den Gedanken der katholischen Caritas und den Geist der wahren Völkerversöhnung in reelle Erscheinung treten zu lassen.
Als kleinen Beitrag zu obigem Zweck erlaubt sich die Nuntiatur anbei mittels Scheck N. 2163463 an die Reichsbank in München 10.000 Mk zu übersenden.
Der gottwohlgefälligen Anregung besten Erfolg wünschend und alle, welche sie im Geiste der christlichen Nächstenliebe aufnehmen von Herzen segnend, zeichnet mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochschätzung
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster
(gez.) + Eugen Pacelli Erzbischof von Sardes
Apostolischer Nuntius