Dokument-Nr. 16869
Vorstand der Katholischen Fürsorge für Russland, Diözese Tiraspol, E. V. an Pacelli, Eugenio
Berlin, 12. Februar 1926

Eure Exzellenz!
Die durch die Revolution in Russland hervorgerufene unendlich schwere und verhängnisvolle Lage unserer dort wohnenden und zum Teil nach Deutschland geflüchteten Glaubensbrüder, bewog Herrn Rektor Pater Nikolaus Maier, im Jahre 1921, eine Stelle zu schaffen, von der aus, den nach materieller Hilfe suchenden Katholiken mit Rat und Tat geholfen werden könnte. Zu diesem Zwecke wurde, wie gesagt, die "Katholische Fürsorge für Russland, Diözese Tiraspol", gegründet, welche sich zur Aufgabe stellte, allen Katholiken der Diözese Tiraspol nicht nur materielle und wirtschaftliche, sondern auch kulturelle Hilfe zu bringen, sowie die katholischen Kirchen und die katholische Geistlichkeit zu unterstützen, und somit im weitesten Sinne der caritativen und der katholischen Sache zu dienen. Dank der seitens der Katholischen Fürsorge nun ins Leben gerufenen Propaganda in Amerika und bei den Spitzen der deutschen Regierungskreisen [sic], flossen uns im Anfange so viel Mittel zu, dass wir die erste und grösste Not unserer Katholiken einigermassen zu lindern imstande waren. Unsere, seiner Zeit, an den Hl. Vater gerichtete kindliche Bitte, uns in seiner väterlichen Liebe für die armen und notleidenden katholischen Brüder Gelder zuweisen zu lassen, hatte bei Seiner Heiligkeit Gehör gefunden und unser Hl. Vater übersandte uns grossmütig, wiederholt
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Summen, die wir für unsere armen Katholiken, für die Geistlichkeit und zur Erhaltung der katholischen Kirchen in Russland zweckmässigst verwendet haben, worüber Euer Exzellenz, und dem H-H. Staatssekretär Pizzardo die entsprechenden Empfangsbestätigungen, durch den Hochwürdigen Herrn Prälaten Glaser, übergeben wurden. Der gebrachte grosse Segen und die Arbeit der Katholischen Fürsorge in besagter Hinsicht, brauchen wir nicht besonders zu betonen, und sind sie ersichtlich aus den von allen Seiten ihr zukommenden vielen Dankschreiben, selbst von der Hochwürdigen Geistlichkeit. Die Notwendigkeit des Bestehens der Katholischen Fürsorge und die Berechtigung ihrer Existenz, hat sich somit anstandslos erwiesen, und bis jetzt noch liess sie nicht nach, nach Möglichkeit den Hilfsbedürftigen beizustehen.
Zur gegenwärtigen Lage der Katholischen Fürsorge übergehend, erlauben wir uns Eurer Exzellenz mitzuteilen, dass die materielle Not der Katholiken der Diözese Tiraspol und der sich in Deutschland befindenden Flüchtlingen1 aus Russland keineswegs gänzlich gehoben [sic] und eine durchgreifende Hilfe für dieselben sehr vonnöten ist. Tag-täglich belagern unser Büro die armen Flüchtlinge, um Hilfe und Unterstützung flehend.
Eine weitere neue, höchst wichtige, Arbeit steht uns bevor, der wir aber zur Zeit, jedweder Mittel entbehrend, nicht zu leisten imstande sind. Ein grosser Teil unserer aus Russland nach Deutschland geflüchteten Brüder, die hier heimatlos, vielfach in lutherischen Gemeinden untergebracht sind, hat nun die Möglichkeit, durch die kürzlich erfolgte Verfügung der russischen Regierung, nach Russland, in ihre Heimat, zurückzukehren. Wir halten es für unsere Aufgabe den Flüchtlingen zu verhelfen, diese Möglichleit [sic] der Rückkehr in die alte Heimat auszunützen. Zur Durchführung der Vorarbeiten für die Rückkehr, sowie den Notleidenden materielle Hilfe zu bringen,
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haben wir keine Mittel, und bitten wir Eure Exzellenz ganz ergebenst uns dieselben zur Verfügung stellen zu wollen.
Hochwürdiger Herr Pater Nikolaus Maier, unser Aufsichtsratmitglied [sic], kann Eurer Exzellenz die nötige Bestätigung über alles Gesagte geben, und bitten wir ganz ergebenst Eure Exzellenz, zu näheren Erklärungen H. H. Pater N. Maier und dem Vorstande der Katholischen Fürsorge eine Audienz gütigst gewähren zu wollen, unter Angabe des Empfangstages und der Stunde derselben.
In der Voraussetzung, dass Eure Exzellenz unserem Bericht und, der guten, heiligen Sache halber, unserer ergebenen Bitte näherzutreten bereits wären, zeichnen wir
mit vorzüglicher Hochachtung
und kindlicher Ergebenheit
Katholische Fürsorge für Rußland
Diözese Tiraspol, E.V.
Der Vorstand
[zwei Unterschriften unlesbar]
1Hds. vermutlich vom Verfasser korrigiert.
Empfohlene Zitierweise
Vorstand der Katholischen Fürsorge für Russland, Diözese Tiraspol, E. V. an Pacelli, Eugenio vom 12. Februar 1926, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 16869, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/16869. Letzter Zugriff am: 09.12.2024.
Online seit 29.01.2018.